aguita-art

„Nach dem Tod der Avantgarde und dem Triumph der Ironie scheint die Kunst zu keinen ernsthaften Aussagen befähigt zu sein. Narzissmus und Nihilismus führen eine Schlacht um die Mitte einer Bühne, die es gar nicht mehr gibt, Kitsch und Schwulst liefern sich einen grotesken Ringkampf um eine Repräsentation, die längst bedeutungslos geworden ist, und nichts als die eitle Ich–bezogenheit von Künstlern und Kritikern gleichermaßen, die im Spiegelkabinett einer in Gleichgültigkeit versunkenen Welt ihr eigenes Bildnis bewundern, scheint das Feld zu beherrschen.“

(Ken Wilber, Das Wahre, Schöne, Gute, 1999)

Über die Werke

Kunst kann mehr sein als eine inhaltsleere Identitätsfeier, Imitation oder bloße Dekoration. Im Idealfall ist sie eine Praxis der Transformation, der Erneuerung und Entwicklung, die vom Geist ausgeht.

Ich bin kein typischer zeitgenössischer Künstler, der ein Kunstego aufbaut, welches in der Sonne seines Tuns tanzt und sich darin erschöpft, sich selbst darzustellen. In meinen Augen stört und blockiert diese Art des Präsentierens eher den Fluss subtiler innerer Schwingungen. Denn der Urheber dient im Idealfall als ein Kanal, der sensible Bereiche innerer Welten bewusst macht. Natürlich beeinflussen immer die seinem Charakter  entsprechenden romantischen oder expressionistischen Züge, seine Prägungen und Erfahrungen die Darstellungen.

Die sprichwörtliche künstlerische Freiheit muss sich nicht darauf beschränken, äußere Phänomene zu kopieren, mit expressionistischen Elementen zu spielen oder gesellschaftspolitische Fragen bildlich zu kommentieren. Gerade auch ein bildlicher Ausdruck der mystisch - spirituellen Dimension des Lebens kann spannend und vielfältig sein.


Geist wird Körper

Mein schöpferischer Impuls entstand wie eine Pflanze aus einer Todesnähe-Erfahrung; es war eine grundlegende Transformation und Wiedergeburt. Es ist mein inneres Bedürfnis, meine Vision der Einheit allen Seins über den Tod hinaus in darstellende Kunst umzusetzen und meine zeichnerische und ästhetische Kreativität dafür einzusetzen.

Seit dieser Erfahrung erlebe ich die Welt als vielfältiges, außergewöhnliches, vollkommenes Kunstwerk – selbst in jedem Müllhaufen und gescheitertem Traum. Ich bin ein Teil davon, sehr sanft darauf bedacht, die leuchtende Schönheit nicht zu beeinträchtigen sondern zum Erstrahlen zu bringen.

Die kosmische Kraft der Erkenntnis, die im Ganzen fantastisch und unerklärlich bleibt, kann in einem ästhetischen Ereignis sichtbar werden. Etwas aus der transzendentalen Welt sickert so in die materielle Körperwelt hinein. Es geht um eine neue Art der Wahrnehmung: Das Unverbundene wird neu verbunden, das Gewebe der Wirklichkeit neu gewebt. Geist wird verkörpert.

Der Betrachter durchlebt den Prozess der Wiederauffindung, Dekodierung und Freilegung der ursprünglichen Impulse des Urhebers und findet dann seine eigenen. Er überschreitet den rein sinnlichen Akt des Schauens und erlebt Wirkung. Durch Reflexion und Erspüren der Bedeutsamkeit nach innen tritt der Betrachter in Beziehung, in Einheit mit dem Wesen des Werkes – einen Augenblick lang. Die interpretatorische Kluft zwischen Künstler und Betrachter wird zu einem „Auge - in – Auge“ geschlossen.


Materie wird Geist

Die andere Richtung – die verdichtete Materie als Ausgangspunkt – ist nicht minder interessant:
Im Grunde ist ein „reales“ Motiv nichts als eine subjektive Interpretation, also eine Illusion. Denn unsere Wahrnehmung fußt auf dem entsprechend unserer Erfahrung vor geformten Gebrauch fester, geprägter Muster. Man kann diese Illusion entlarven, indem man die Flüchtigkeit der Objekte anerkennt oder einzelne Aspekte auflöst oder verändert. Das stellt unsere Gewohnheitswahrnehmung vor neue Aufgaben und erweitert ihr Spektrum.

Die Wahrnehmung verbindet sich mit der Innenwelt, mit der Seele und erweckt das Objekt zum Leben. Eine  analytische Fixierung auf Form und Farbe ist wenig hilfreich, um die transformative  Dimension des  Phänomens zu erspüren. Eher eine Erweiterung der Wahrnehmung, eine Art „inneres Schielen“, ein Spürsehen öffnet dem Betrachter das Werk. Die Schönheit liegt im Auge des Betrachters.

"Diese alles durchdringende Schönheit ist keine Übung in schöpferischer Fantasie. Sie ist die tatsächliche Struktur des Universums. Diese alles durchdringende Schönheit ist wahrhaftig jetzt in diesem Augenblick die wirkliche Natur des Kosmos. Sie ist nichts, was man sich vorstellen müsste, weil sie schlicht die tatsächliche Struktur der Wahrnehmung in allen Bereichen ist. Wenn man im Auge des Geistes bleibt, ist jedes Objekt ein Objekt strahlender Schönheit. Wenn die Tore der Wahrnehmung aufgestoßen sind, ist der ganze Kosmos dein verlorener und wiedergefundener Geliebter, das ursprüngliche Antlitz der ursprünglichen Schönheit, von Anbeginn und in alle Ewigkeit. Im Antlitz dieser betäuben Schönheit wirst du mit schwindenden Sinnen in deinen eigenen Tod versinken, und nie mehr wird man von dir etwas hören und sehen, außer in jenen sanften Nächten, in denen der Wind sacht über die Hügel und Berge geht und leise deinen Namen ruft." (Ken Wilber, Das Wahre, Schöne, Gute, 1999)


Seelenbilder und Zwischenwelten

Meine künstlerische Arbeit ist zu einem hohen Maße Intuition und Eingebung. Dann lasse ich mich auf das Material ein, erkenne seine Eigenschaften und Besonderheiten. Meine Variation von Techniken beginnt mit Zeichnung und Malerei. Zeichnen gehörte schon sehr früh zu meinem Tun (alle meine Schulhefte waren voll von Karikaturen, Symbolen und Scifi - Welten, in die ich aus dem oft nicht gerade begeisternden Unterricht flüchtete). Mit Feder, Bleistift und Kohle konnte ich schnell mit Strukturtiefe und Perspektivwechseln arbeiten. Ich gelangte bald an Grenzen, auch durch die Abwesenheit guter Lehrer; und nach einem kurzen Ausflug in die Acryl- und Aquarellwelt, die mich sehr begeisterte, verlief die erste Schaffensphase im dunklen Sande des Playa del Inglés.

In der zweiten Phase – fast dreißig Jahr später – entdeckte ich die Vielfalt der Pastellkreiden und versuchte, großformatig zu arbeiten. Nachdem ich alle Bilder gescannt hatte, konnte ich sie digital weiterbearbeiten und teils mit photografischen Elementen erweitern. So entstanden von 2010 bis 2013 die Nahtod – beeinflussten Seelenbilder und die Zwischenwelten, die „reale“ Motive mit intuitiven Mustern zu neuen Räumen verweben.